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Nov 17 2011

Stilbruch

Liebe Grüße aus Moskau

Pavel, meine Cochsurfer und ich auf dem Roten Platz

Pavel, meine Cochsurfer und ich auf dem Roten Platz

Ich weiß, ich weiß, der Untertitel meines Blogs lautet: Ein Jahr Work and travel in Japan. Aber eine kleine Deutschlandpause war von Anfang an eingeplant. Und mindestens ein Jahr Japan wird es auch werden. Hat es dann Sinn, jetzt plötzlich was über Moskau zu schreiben? Ich finde schon. Zumindest, wenn man über Moskau fliegt. Da ich Fan des Stilbruchs aber auch der Abwechslung bin, kommt hier einfach mal etwas Ungewohntes. Naja, und wer über Moskau nach Japan fliegt, für den mag der Bericht sicherlich auch nützlich sein.

Schon zwei Monate vor meinem Moskauaufenthalt habe ich über couchsurfing ortsansässige, gastfreundliche Moskauer vorgewarnt, dass ich in ihre Stadt komme und gefragt, wer denn einen unwissenden Deutschen durch ihre wunderschöne Stadt führen möge. Bei den Filtereinstellungen der Personen, an die ich die Anfrage sende, ist mir wohl ein Fehler passiert. Habe mich schon gewundert, warum mir nur Frauen geantwortet haben ;)

Ah, neben der richtigen Filtereinstellung gibt es noch etwas Wichtiges. Wer in Moskau den Flughafen verlassen will, muss dort entweder etwas wirklich Böses tun, dass dann vielleicht einen Transport zu einer Russischen Gefängniszelle bzw. zu einem Russischen Gericht zur Folge hat. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass man von einem Sightseeingbus dort hin gebracht wird. Auch wenn diese Fahrten wahrscheinlich kostenlos wären. Oder man beantragt bei der russischen Botschaft ein Transitvisum, bevor man sein Abflugsland verlässt. Übrigens gibt es mehrere Möglichkeiten von den Visagebühren befreit zu werden. Schwerbehinderte sind z. B. von den Gebühren befreit.

Moskau City

Moskau City

Um vier Uhr morgens komme ich also am 29. Oktober im schon recht kalten Moskau am Flughafen Sheremetyevo an. Sehr schön: Im Gegensatz zu Deutschland oder Japan gibt es hier fast überall kostenloses W-LAN. Iya, eine Russin, die mir als eine der ersten geantwortet hat, hat mir sogar die Busverbindungen zu den nahe gelegensten Metrobahnhöfen rausgesucht. Je nachdem wie gut man seinen Anschluss bekommt, ist man so in in ungefähr einer Stunde im Zentrum. In nur 35 Minuten, aber natürlich auch teurer pendelt man mit dem Aeroexpress zwischen Flughafen und Zentrum. Ich entscheide mich für Bus und Metro und bekomme gleich beim Fahrkartenkauf von einem jungen Russen hinter mir in der Reihe auf bestem Englisch Hilfe angeboten. Er heißt Pavel, ist 20 Jahre jung und ist bei seiner Firma als Übersetzer eingestellt. Als er mir erzählt, dass er am heutigen Samstag nichts zu tun habe und nur für einen Kunden seiner Firma einen Flugschein abholen musste, biete ich ihm an mich auf meiner Entdeckungstour zu begleiten. Pavel ist zwar als Übersetzer angestellt, kann sein Englisch aber selten in einer Konversation anwenden, weshalb er sich kurzum entschließt mich zu begleiten. Ich bin erstaunt, denn dafür, dass er noch keinen längeren Auslandsaufenthalt hatte und angeblich nie mit jemanden Englisch reden kann, spricht er erstaunlich gutes Englisch. Also sitzt mir entweder ein sehr ehrgeiziger, junger Herr gegenüber, oder das russische Schulsystem ist – zumindest für Sprachen – sehr gut. Mal sehen, wie es mit den jungen Damen ist.

Da ich ein kleines Fable für Architektur habe – ja, auch für moderne Hochhäuser – möchte ich mir die neue Moskau City
http://federationtower.ru/ – das Banken und Unternehmensviertel – ansehen.

Als ich ihm von diesen Plan erzähle ist Pavel überrascht: „Dort gibt es aber nichts zu sehen. Nur Wolkenkratzer, und viele meisten davon sind nicht mal fertig. Und sie liegt …“ „Ja ich weiß, ungefähr fünf Kilometer Luftlinie vom Zentrum entfernt“, unterbreche ich ihn. „Aber es ist Samstag, noch dazu recht früh und die meisten Museen öffnen nicht vor zehn oder 10:30 Uhr, ein Cafébesuch hat für mich wenig Sinn, da ich gerade im Flugzeug was gegessen habe.“

Nach einer „Fotositzung“ in der Moskaucity machen wir uns auf den Weg ins Zentrum. Langsam wachen „meine“ Couchsurferinnen auf und melden sich via Kurzmitteilung. Laura aus Oxford, England, die hier seit zwei Monaten wohnt und für eine Hilfsorganisation arbeitet, ist die erste. Wir treffen uns vor dem erst gestern neueröffneten Bolshoi Theater, dass eine sechsjährige Restaurierungsphase hinter sich hat und von Präsident Dmitry Medvedev persönlich eingeweiht wurde. Schon beim Eröffnungskonzert gab es einen Unfall. Ein nicht ausreichend befestigter Gegenstand fiel auf einen Mitwirkenden. Gut, dass der Chor – symbolisch für die Renovierung – aus als Bauarbeiter verkleideten SängerInnen bestand. Selbstverständlich ausgestattet mit Helm. Wahrscheinlich hatten sie schon so eine Ahnung, dass noch nicht alles niet- und nagelfest ist. Da die Helme ganz bestimmt schlimmeres verhindert haben, eine schlaue Entscheidung. :)

Bolshoi Theater

Bolshoi Theater

Endlich geht’s zum Roten Platz mit dem Kreml, dem staatlichen historischen Museum und natürlich der wunderschönen Basilius-Kathedrale. Ich erzähle Laura und Pavel, dass ich gerne in die Tretjakow-Galerie gehen würde. Beide warnen mich aber, dass man vor Kunstmuseen meist eine halbe Stunde in der Warteschlange steht. Bei besonderen Ausstellungen noch länger. Wir entscheiden uns für das historische Museum. Die Ausstellung ist mannigfaltig, das Gebäude sowohl von außen als auch von innen beeindruckend. Kurz – empfehlenswert. Allerdings sollten Leute, die der russischen Sprache nicht mächtig, sind den Museumsrundgang nicht ohne Audioführer machen. Fast alle Erklärungen sind in russisch. Aber wozu haben wir denn Pavel? :) Und selbst Laura kann mir erstaunlich viel über die russische Geschichte erzählen.

Rubel GUM

GUM

GUM

Natalia, die zweite Couchsurferin im Bunde, die sich meldet und auf den Weg zum Museum macht. Gemeinsam sehen wir uns das GUM an, Moskaus Nobeleinkaufspassage. Und in einem der vielen Cafes im GUM treffen wir Iya. Übrigens ist auch das Englisch der anderen beiden Russinen sehr gut. Leider bleibt mir nur noch wenig Zeit mit ihnen. Die Nutzen wir für unser Gruppenfoto und nachdem sich Pavel nun verabschiedet, zeigt mir das Dreigestirn Moskaus schönste Metrostationen. Zurück gönne ich mir den Aeroexpress. Übrigens habe ich in den Cafés niemanden die Gläser an die Wand schmeißen sehen. Die Gruppe Dschingiskahn hat uns verarscht!

U-Bahnstation

U-Bahnstation

Besonderen Dank an: Hubertus Neidhart vom Deutschen Webspace Provider Network für den exzellenten Service, Laura Gordon, Oxford, UK, Natalia Nikitina, Iya Zakalyukina, and Pavel Titov alle aus Moskau, Russland; Lilith Pendzich.

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