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Nov 30 2012

Hokkaido haut di vom Hokka

„Willkommen auf Hokkaido“, begrüßt mich Gako mein Gastgeber, ein 21 Jahre junger Umweltwissenschaftsstudent, bei meiner Ankunft gegen 22:00 Uhr. Er hat extra auf meine Ankunft in der Kälte gewartet.

Es ist schade, dass mir am nächsten Tag nicht mehr Zeit bleibt Hakodate zu erkunden, da es insbesondere geschichtlich gesehen eine interessante Stadt ist. Ich finde nicht mal Zeit dafür, die historische Kirche zu fotografieren da bereits für den frühen Nachmittag sind starke Regenschauer vorausgesagt sind. Tatsächlich war auch mein frühes Aufbrechen in Hakodate die Richtige Entscheidung. Nur eine Stunde später wäre dieses Foto vom Onuma Quasi National Park nur halb so schön und absolut verregnet gewesen.

Onuma Quasi National Park

Onuma Quasi National Park

Zusätzlich habe ich meine zweite Reifenpanne auf dieser Tour. Kurz bevor der Regen beginnt ist mein Reifen gewechselt. Jetzt ist auch der letzte Schlauch für meine Anhängerreifen aufgebraucht. Ob ich wohl so kurz vor dem Ziel noch einen kaufen sollte? Die Mäntel meiner Anhängerreifen haben immerhin schon die Strecke von Hamburg nach Rom, Südkorea und über drei Viertel Japans hinter sich. Ich lasse es aber drauf ankommen und kaufe keinen neuen Schlauch.

Von Mori bis nach Toyoura radle ich entlang der Bucht der Oshima Halbinsel. Der Durchmesser der Bucht liegt bei etwas über 50 km aber die Strecke, die ich zurück zu legen habe ist ungefähr 100 km lang. Es ist irgendwie lustig, da man während der gesamten Zeit, die man radelt das Ziel auf der anderen Seite der Bucht sieht.

Entlang der Küste Richtung NordenDa mich mein Gastgeber in Oshamanbe offensichtlich vergessen hat, erklärt sich Michitaka, mein darauf folgender Gastgeber aus Toyoura, dazu bereit mich einen Tag früher zu beherbergen, und das, obwohl er schon zwei Franzosen aufgenommen hat.

Es gibt einen guten Trick Leute, von denen man noch nicht die Addresse oder eine Telefonnummer hat zu kontaktieren, die einem angeboten haben sie zu beherbergen, dann aber ihr Angebot scheinbar vergessen und sich seit einigen Wochen bis zum angefragten Termin nicht mehr in ihr Couchsurfingprofil eingeloggt haben. In diesem Fall sollte man auf deren Profil nachsehen, ob die/der Gastgeber/in mit anderen befreundet ist oder des Gastgebers Referenzen ansehen. Anschließend fragt man davon diejenigen, die sich zuletzt eingeloggt haben, ob sie mit ihrem CS Freund bzw. ehemaligen Gastgeber in Kontakt stehen und ob sie so freundlich wären den entsprechenden Couchsurfer zu kontaktieren und ihn daran zu erinnern ihre/seine Mails zu prüfen. Oftmals bleiben Gastgeber und -nehmer über email oder andere soziale Netzwerke, die sie häufiger nutzen, befreundet. Allerdings handelt es sich in meinem Fall um einen absoluten Couchsurfing-Neuling, der weder Referenzen noch CS-Freunde hat. In dem Fall hilft natürlich auch mein Trick nichts.

Maiko (l.) me and Michitaka

Maiko (l.) me and Michitaka

Michitaka und seine Frau Maiko, meine Gastgeber, sind ein japanisches Paar und arbeiten für die Waldorfschule. Jeden Tag kochen sie für mich. Am ersten Tag wird mir Hirsch angeboten: „Momentan haben wir zu viele Hirsche hier auf Hokkaido, deshalb sind die Jäger dieser Tage sehr beschäftigt. Einer meiner Freunde ist Jäger und ich habe das Fleisch kostenlos bekommen!“ Als ich von meiner Fahrradreise erzähle erwähne ich, dass ich dieses Jahr vieles bestens geplant habe, ich habe das Laternenfestival in Seoul gesehen, war pünktlich zum Gion Matsuri Festival in Kyoto, habe das Matsumoto bon bon gesehen, bin passend hier auf Hokkaido um die bunten Herbstwälder zu sehen, nur die Feuerwerk Saison habe ich dieses Jahr verpasst.

„Du weißt es gar nicht?“, wundert sich Michitaka.

„Weiß was nicht?“, möchte ich wissen.

„Der Toyasee ist für seine Feuerwerke berühmt, die von Ende April bis Ende Oktober täglich stattfinden.“ klärt er mich auf.

“Komm es ist 8:20 Uhr und der 31ste Oktober, wenn wir uns beeilen, schaffen wir es in 20 Minuten nach Toyako!”

Und Tatsächlich schaffen wir es. Tja, natürlich wieder mal dank meiner perfekten Zeitplanung. ;)

Feuerwerk auf dem Toyasee

Feuerwerk auf dem Toyasee

Die Reise von Toyoura über Toyako nach Kutchan soll die letzte mit wolkenfreiem Himmel meiner gesamten Fahrradreise sein. Die Herbstatmosphäre hier auf Hokkaido ist weitaus überwältigender verglichen zu dem, was ich in Aomori gesehen habe. Goldbraune Reisfeldsteppen umsäumt von rot, grün, gelb, orange getupften Herbstwäldern und saftigen Weiden – eine wahre Augenweide. Es duftet nach Laub, frisch gepflügter Erde, Kastanien und Herbstfeuer. Auch wenn die Strecke größtenteils flach verläuft – wenn man es über den Rand des Toyako Kraters geschafft hat – brauche ich weitere fünf Stunden um von dort um den Yotei San, ein 1,898 Meter hoher Stratovulkan, zu radeln. Zwei Stunden lang radle ich unter dem Nachthimmel und es ist atemberaubend! Es ist schon relativ kalt hier in Hokkaido, die Luft ist verhältnismäßig trocken und ein kristallklarer, sternheller Nachthimmel vollendet durch den Vollmond macht die Reise zu einem außerordentlichem Erlebnis. Der Kontrast der schwarzen Vulkangebirge am Horizont zum hell erleuchteten Sternenhimmel ist einzigartig. Es ist so hell, dass man die ganze Landschaft sehen kann.

Yotei San Vulkan

Yotei San Vulkan

Seiko, eine 30-jährige Urologin, lebt in Kutchan und beherbergt mich zwei Tage lang. Ich rufe sie an um ihr mitzuteilen, dass ich zwei Stunden später länger brauchen werde. „Ich dachte du würdest gestern kommen!“, verwirrt sie mich. Habe ich wirklich das Ankunftsdatum verwechselt? Ich habe und sie hat zwei Stunden auf meine Ankunft gewartet. (Japanische Mobiltelefongesellschaften verkaufen keine SIM-Karten ohne Telefone, erst recht nicht, wenn man keine Gaijin-card (Japanische Greencard) hat.) Kurz: Sie konnte mich nicht anrufen. „Simon, Ich arbeite gerade im Krankenhaus in meiner Nachtschicht. Also musst Du hier her kommen um den Schlüssel abzuholen!“ Krass, nach all dem bietet sie mir immer noch Unterkunft an…

Seiko und ihr Freund im Yaki Niku Restaurant

Seiko und ihr Freund im Yaki Niku Grill-Restaurant

Am nächsten Tag lädt sie mich zum Abendessen in ein Yaki Niku Grillrestaurant ein und nimmt mich anschließend gleich zum nächsten Essen zu ihren Freunden mit. Einer von ihnen spricht sogar ein wenig Deutsch. Ein anderer ist Kartoffelbauer. Selbst wenn Reis unangefochten auf Platz eins der japanischen Agrarwirtschaft steht, ist diese Region hier genannt Niseko für zwei Dinge berühmt: Kartoffeln und Wintersport. Niseko hat den besten Pulverschnee ganz Japans. Apropos Schnee… Es gab schon wieder Berichte über Schnee auf dem Nakayama (Toge) Pass. Und als ich am nächsten Morgen zum Yotei Vulkan aufblicke ist selbst der Gipfel mit Schnee bedeckt. Es erinnert mich an meine erste große Radreise, als ich den Brennerpass überquert habe. Das war auch im November und es hatte dort damals ebenfalls geschneit. Nakayama Toge ist nur 800 m hoch aber Seiko warnt mich, dass es dort ein hohes Verkehrsaufkommen gäbe. Seiko und Nozomi (die mich auf meiner Reise von Fukushima nach Sendai begleitet hatte) raten mir die Route zu ändern. Und ich halte es für einen guten Ratschlag. Anstatt über den Nakayama (Toge) pass zu fahren entscheide ich mich für Route 5 die mehrheitlich in Tälern, und von Yoichi an bis nach Sapporo entlang der Küste verläuft.

Seikos Freunde

Seikos Freunde

In Otaru, 20 km vor meinem Endziel Sapporo, verweigert meine hintere Bremse ihren Dienst. Muss sie wirklich ausgerechnet heute streiken, am letzten Reisetag? Naja, bezüglich meines nicht vorhandenen Reservereifens habe ich mir keine Sorgen gemacht und habe bis hierher auch Glück und keine Panne gehabt. Aber wenn es ums Bremsen geht, wäre es verantwortungslos weiterzuradeln selbst wenn die andere noch funktioniert. Also lasse ich sie richten. Dennoch bin ich mit meinen Bremsen zufrieden. Auf meiner ersten Radreise von Hamburg nach Rom hatte ich Bremsklötze, die ich insbesondere nach Bergpässen ständig auswechseln musste, was ich ziemlich nervenaufreibend fand. Es war aber auch nicht verwunderlich, da auf den Bremsen nicht nur mein eigenes Körpergewicht, sondern zusätzlich das meines 40 kg-Anhängers lastete. Meine Scheibenbremse hingegen, hat praktisch auf der gesamten Reise über 3.000 km standgehalten. Ziemlich cool, was?

Die Küste auf dem Weg nach Sapporo

Die Küste auf dem Weg nach Sapporo

So erreiche ich Sapporo, mein Endziel. „Da es eine recht junge Stadt ist – zumindest aus historischer Sicht – gibt es hier nicht viel zu entdecken“, sagt mir mein Gastgeber Bob, 60, aus den U.S.A., Englischlehrer lebt und unterrichtet hier schon seit 20 Jahren. Man sollte soupcurry probieren, eine örtliche Spezialität. Sapporo ist hauptsächlich für Essen und das jährlich wiederkehrende Schneefestival „Yuki Matsuri“ im Februar bekannt. Dann bilden sie hier Tempel oder andere Gebäude aus Schnee nach. Keine Sorge, es ist sehr wahrscheinlich, dass ich im Februar nach Sapporo zurückkehren werde um dann Fotos vom Festival und von der Stadt zu präsentieren. Doch jetzt bin ich damit beschäftigt meine Flüge zu buchen und den Fahrradrücktransport zu organisieren.

Mein Fahrrad und ich auf dem Dach meines Gastgebers und Sapporos Skischanze im Hintergrund

Mein Fahrrad und ich auf dem Dach meines Gastgebers und Sapporos Skischanze im Hintergrund

Und so endet meine Radreise. Aber dem Spendensammeln verpflichte ich mich weiterhin. Weitere Infos darüber auch auf dieser Webseite oder auf meinen Profilen diverser sozialer Netzwerke. Ich werde weiterreisen. Weitere Infos zu neuen Reisen wird es auf dieser Seite und den Sozialnetzwerkprofilen geben.

Ich bedanke mich bei allen, die diese Reise zu solch einem wunderbarem Erlebnis gemacht haben! Also ein großes Dankeschön an all meine Gastgeber – insbesondere die, die mir dabei geholfen haben den Text für meinen englischen Blog zu korrigieren! Dank auch an alle, die für die Hilfsprojekte gespendet haben. Dank an alle, die meinem Blog kommentiert haben, danke für die netten Nachrichten oder interessanten Fragen! Ich möchte mich auch bei SwissEye und Weber products für die Unterstützung bedanken. Ebenso gilt mein Dank meiner Schwester Lilith, die mich während der gesamten Zeit von Deutschland aus mit meiner Internetseite unterstützt hat. Hubertus Neidhart, mein Internetseitenhoster, Daniel Göhr mein Programmierer, Christoph Flossmann für kleinere Grafiklehrgänge für das Grafikprogramm Gimp. Dank auch an Sumire Harayama und Fumi Ono die mir in Japan immer wieder administrativ und bei der PR-Arbeit unter die Arme gegriffen haben. Und natürlich besonderen Dank an den Leser dieses Blogs!

Meine nächsten großen Reisen 2013/2014 werden mich in zwei Länder südlich von hier führen. Wer mehr darüber wissen will sollte einfach dranbleiben :)

Danke für das Begleiten!

Bis zur nächsten Reise!

 

Euer Simon

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://www.cyclonara.de/hokkaido-haut-di-vom-hokka/

2 Kommentare

  1. Henrik

    Da kann man nur sagen: Otsukaresama Deshita!

    Ich hoffe du hast es genossen und bereust es nicht, dass ich dich damals auf Japan gebracht habe ;)

    Mir hat es immer Spaß gemacht die Blog Einträge zu verfolgen und hoffe man sieht sich mal wieder wenn es dich zurück nach Deutschland verschlägt!

    Viel Erfolg Weiterhin!

  2. Sarah

    hallo simon!
    ja, schade, dass jetzt keine berichte mehr kommen! oder doch? dein hotelleben find ich ja auch interessant! und wie viel ist jetzt durch spenden zusammen gekommen?
    wünsch dir schöne weitere reisen, auch wenn es schon komisch ist, dich sooo lange nicht zu sehen!
    frohe weihnachten noch nachträglich, wenn das geht, danke für dein kreatives geschenk, und einen guten rutsch!
    sarah

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