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Jun 28 2011

die zweite Woche

Oho, I’m an alien. I’m a legal Alien a German Man in Japan

Ich habe ehrlich gesagt keine Möglichkeit gefunden, an die Alien Registration Card zu kommen, ohne eine permanente Adresse in Japan zu haben. Allerdings waren Jim und Heath so freundlich und ließen mich Ihre Adresse zum Registrieren verwenden. Es ist schon wieder so eine Situation, in der ich mir denke, wie ich das alles der CS Community zurückgeben soll. Denn Jim und Heath haben das von sich aus angeboten. Ich habe nicht ein mal fragen müssen.

It’s Friday, Friday, fun, fun, party, party…

Den Bahnhof meines neuen Gastgebers zu finden ist mal wieder eine Herausforderung. Nach erneutem Hin- und Hergeirre scheint dieses mal mein verzweifelter Blick die Aufmerksamkeit eines leicht angetrunkenen Inhabers einer Recycling Firma – der gerade von seiner Betriebsfeier kommt – geweckt zu haben, und der mir abermals nicht nur den Weg erklärt, sondern mich natürlich auch gleich wieder zum richtigen Bahnhof begleitet. Wobei dazwischen allerdings zwei falsche liegen. Dafür kann er aber nichts. Der Alkohol ist schuld!

I need a Hiro!!!

Hiro ist mein neuer Gastbeber. Er arbeitet bei Japans größter Telefongesellschaft. Ich hatte ihn darum gebeten zwei Tage in seiner Wohnung übernachten zu dürfen. Es wird aber nur eine daraus werden. Warum? Ursprünglich wollte er mit einem seiner Freunde eine Nacht in einem Onsen (Termalquellen) Hotel verbringen. Da dieser Freund abgesagt hat, muss ein anderes „Opfer“ gefunden werden. Und dieses Opfer bin ich. „Es ist schon okay, Simon, ich lade Dich ein. Du musst natürlich nicht für das Hotel zahlen!“ schreibt er mir. Langsam wird mir Japan unheimlich. Wenn das so weitergeht werde ich vielleicht bald noch zum Yakuza Boss (Japanische Mafia) befördert.

Wie ein Mafiaboss werde ich tatsächlich von Hiro empfangen. In seiner Lexuslimousine mit eingebautem Fernseher werde ich zu einem Restaurant chauffiert und natürlich gibt es für mich keine Möglichkeit die Rechnung selbst zu bezahlen. Das Konzept des Restaurants gefällt mir. Hier ist in jedem Tisch ein Gasgrill eingelassen. Das mundgerecht geschnittene Fleisch nimmt man sich vom Buffet.

Aber all das ist natürlich nicht genug für den Yakuza Boss und so werde ich noch ins öffentliche Bad eingeladen. Das Baden ist fester Bestandteil der japanischen Kultur. Ich finde, dass man es mit der römischen Badekultur vergleichen könnte. Gebadet wird in Japan nackt und grundsätzlich geschlechtergetrennt. Oftmals Mütter mit ihren Töchtern und Väter mit ihren Söhnen. Auch wenn ich meine Familie nicht dabei habe, lässt man mich trotzdem rein :)

Hey, was macht denn das Mädchen hier in unserer Abteilung? Und zusätzlich ist sie auch noch angezogen! Sie arbeitet hier. Das ist nicht fair! Moment mal. Das bringt mich auf eine Idee. Vielleicht bieten die Bäder ja auch Jobs für Männer in der Frauenabteilung an. Hmm…

Egal, wohin man hier blickt, sieht man praktisch überall des Mannes bestes Stück. Viele von uns dürften neulich über die Penismap, die vor kurzem im Internet grassierte, gestolpert sein. Ich habe mich immer gefragt, wie diejenigen, die diese Karte erstellt haben bitte das Maß genommen haben sollen. Und haben sie das jeweils wirklich bei über 1.000 Landsleuten gemessen um zu einem repräsentativen Ergebnis zu kommen? Wie schnitt den Japan noch mal ab?

Oh… verstehe. Hm, also ja… Ich habe zwar nicht persönlich Maß genommen und auch wirklich kein Interesse daran, das hier zu machen, aber nach Augenmaß kann ich das Ergebnis für Japan zumindest für dieses Bad hier bestätigen. Naja, … *grins*  Also ich möchte ja wirklich nicht angeben aber… he he… Okay. Ich höre vielleicht doch lieber auf. Denn nach all dem was mir hier Schönes widerfahren ist, steht es mir einfach nicht zu, es auf die Spitze zu treiben.

Apropos treiben. Wie heißt es da doch so schön: Auf die Größe kommt es nicht an, sondern auf die Technik. Und hier sind uns die Japaner in so vielerlei Hinsicht deutlich voraus. Wie hätten sie es sonst zu einem der modernsten Industrieländer der Welt bringen sollen? Na also! Und selbst hier im Bad können die Japaner nicht auf Technik verzichten. Beispielsweise gibt es ein Bad, in dem man sich zwischen zwei Elektrodioden setzt. Ich frage mich, ob ich das entspannend finden soll oder ob das eher was für Masochisten ist…

Manchmal muss es nicht mal komplexeste Technik sein. Es fängt schon bei so kleinen Dingen an wie zum Beispiel sich ordentlich in eine Menschenschlange einzugliedern.

Metromenschenschlange

Metromenschenschlange

Das funktioniert an jedem Bahnsteig, bei jeder Rolltreppe – überall! Pubertäres Gedrängel, wie man es von unseren westlichen Ländern her kennt, sucht man hier vergebens. Und selbst in den U-Bahnen müssen die Japaner nicht wie viele dumme Deutsche beweisen, dass sie am lautesten in Ihr Handy brüllen können. Das Telefonieren in den U-Bahnen ist nämlich verboten. Hammer!

 

Samstag.

Auf dem Weg nach Kinugawa

Auf dem Weg nach Kinugawa

Hiro und ich haben den Wagen gepackt. Es geht nach Kinugawa zum Onsen Hotel. Es liegt ungefähr 100 km nördlich von Tokyo. Fukushima ist von dort aus nur noch 165 km entfernt.

 

 

Während einer kurzen Pause zeigt mir Hiro einen 100 Yen shop, welche in Japan sehr beliebt sind.

100 Yen Shop

100 Yen Shop

Eine Augenweide

Eine Augenweide

Heuhotel

Heuhotel

Unser Hotelzimmer riecht nach Heu. „Das sind die Tatamimatten am Fußboden“, erklärt mir Hiro. Als ich das Hotelzimmer betrete denke ich mir: „Schön und gut, aber die Jungs haben die Betten vergessen.“ Etwas später klärt mich Hiro auf, dass die Betten gemacht werden, während man im Restaurant isst.

Hotel mit Geschichte

Hotel mit Geschichte

Blick aus unserem Zimmer

Blick aus unserem Zimmer

Matratzen

Nicht Tokyo Hotel!

 

Und tatsächlich, vom Essen zurück, liegen zwei matratzenartige Gebilde auf dem Tatamiboden. Und somit verbringe ich die erste Nacht meines Lebens in einem Hotel ohne Bett. Pflicht in jedem Hotelzimmer: Ein Wasserkocher und verschiedene Teesorten. Hiro reicht mir eine Tasse. Also… ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben, aber der Tee schmeckt genauso, wie dieses Zimmer riecht, nach Heu.

Cooles Outfit hm?

Cooles Outfit hm?

Bitte nicht falsch verstehen. Ich beschwere mich nicht und möchte nicht arrogant erscheinen. Dieses Wochenende war das beste, das ich bis jetzt in Japan hatte was ich alles Hiro verdanke! Es war einfach der Wahnsinn! Danke Hiro! Für alles!

Sehr schön sind auch die Straßenschilder auf dem Rückweg. Der in Japan allgegenwärtige Waschbär Tanuki. Mai is dea ßiaß!

Tanuki

Tanuki

Regenschirmpflicht

Regenschirmpflicht

Und auch die Regenschirmpflicht auf der Autobahn halte ich für sehr gewagt.

 

 

 

Wie darf ich mir das vorstellen? Etwa so, wie auf dem Foto?

Pan Tau in Japan

Pan Tau in Japan. Foto von Hiroyuki Ochiai

Um nicht gleich wieder im U-Bahnsystem verloren zu gehen, fährt mich Hiro am Sonntag zu meinem nächsten Gastgeber in eine der abgelegensten Regionen Saitamas, Kawagoe. Brandon, ein 23-jähriger Amerikaner, der bereits seit zwei Jahren in Japan lebt und ab November wieder zurückkehren wird und u.a. sehr skurrile Videos von Japan gemacht hat. Bei einem gemeinsamen Abendessen stellt sich auch heraus, dass Hiro nicht nur ein wunderbarer Gastgeber, sondern auch ein passionierter Koch ist.

Brandon arbeitet ebenfalls als Englischlehrer. Er hat aber keine Probleme damit, mich am Montag alleine in seiner Wohnung zu lassen. Ich mache mich aber auch schon bald auf den Weg zu Shibuyas Rathaus um mich als Work and Traveller zu registrieren. Angenehm: Die Sachbearbeiterin spricht fließend Englisch. Und selbst für alle anderen Angelegenheiten gibt es einen Übersetzer. Unangenehm: Das Ausstellen der Alien Registration card dauert zwei Wochen. Ich bekomme zwar ein Formular, das mir bestätigt, dass ich mich hier legal aufhalte und bis zur Ausstellung der Karte als voller Ersatz gelten soll, ich habe aber so meine Zweifel daran…

Nach meiner Rückkehr nimmt sich Brandon die Zeit mich durch Kawagoe zu führen. Er zeigt mir den Tempel und die Altstadt.

Eingang zum Kawagoe Tempel

Eingang zum Kawagoe Tempel

Haus in der Tempelanlage

Haus in der Tempelanlage

Kawagoe Tempel

Kawagoe Tempel

Historisch Haeuser in Kawagoe

Historisch Haeuser in Kawagoe

Haus und der Turm von Kawagoe

Haus und der Turm von Kawagoe

Ich entdecke auch interessante Keramikgeschäfte.

www.haruri.jp

www.haruri.jp www.touho-yamawa.co.jp

Es ist Dienstag und mein erstes Vorstellungsgespräch findet heute statt. Es handelt sich um eine von Tokyos vier großen Sprachschulen. Und – oh Wunder – obwohl ich kein Englischmuttersprachler bin und für die Stelle laut Anzeige nur Englischmuttersprachler erwünscht sind, obwohl sie mit mir am Telefon gesprochen haben und meinen deutschen Akzent gehört haben, laden sie mich trotzdem ein.

Während sich Brandon für seine Arbeit fertig macht fragt er mich: „Simon, willst Du so zum Vorstellungsgespräch gehen?“

Ich trage eine Schwarze hose, ein ordentliches hellblaues Langarmshirt und frage mich was daran schlimm sein soll: „Ja!“

Cop mit deutschem Akzent sucht Job in Tokyo

Cop mit deutschem Akzent sucht Job in Tokyo. Foto von Brandon Lamb

„Hast Du keinen Anzug?“, fragt er mich fast schon entsetzt.

„Brauche ich den denn hier unbedingt? Ich meine, ich bewerbe mich nicht gerade bei einer Bank!“

„Also Vorstellungsgespräche in Japan ohne Anzug sind hier ein absolutes no go!“

„Aaahhh, was soll ich denn jetzt machen?”

„Hier, ich kann Dir meine Anzughose geben. Und noch meine Krawatte. So kannst Du zumindest den dummen Unwissenden spielen.“

Wo ist Dein Schuh?

Ich habe mein zweites Vorstellungsgespräch am heutigen Mittwoch. Allerdings das erste in meinem Leben, für das ich meine Schuhe ausziehe. Das ist nun mal in vielen Häusern in Japan üblich. Nochmal eine Stelle als Englischlehrer. Dieses mal in einem Nachmittagskinderbetreuung. Auch hier hilft mir Brandon wieder mit seiner Anzughose und Krawatte aus. Gegen Abend ziehe ich zu meiner nächsten Gastgeberin um. Celine, eine Deutsche! Sie studiert Italienisch und Japanologie.

Oh Wunder, oh Wunder. Es ist Donnerstag und die Sprachschule lädt mich zu einem zweiten Vorstellungsgespräch ein. Sowas aber auch. Und das, obwohl ich kein Englischmuttersprachler bin, weder einen Bachelor habe, noch ein CELTA Zertifikat. Manchmal frage ich mich, ob sie sich die Masken auf der Ihrer Internetseite wirklich ansehen. Ich stelle überrascht fest, dass die Nachmittagsbetreuung, bei der ich mich ebenfalls beworben habe, gleich besser als zwei der großen  Sprachschulen zahlt…

Und die Moral von der Geschicht: Egal ob Muttersprachler oder nicht, einfach trotzdem bewerben und wenn eine Kinderbetreuung dann auch noch besser zahlt, kann man sich gleich doppelt freuen…

Besonderen Dank an: Hubertus Neidhart vom Deutschen Webspace Provider Network für den guten Service, Brandon Lamb für seine Videos und ein Foto, Hiroyuki Ochiai für ein Foto, Christoph Flossmann für das Melden eines Fehlerteufels und an all meine Gastgeber.

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3 Kommentare

  1. Chris

    Ohje, an die Anzugpflicht hab ich auch nicht gedacht, aber eigentlich logisch, wenn man bedenkt dass die immer im Anzug zur Arbeit gehen.

    Ich drück dir mal fest die Daumen, dass es mit einer der Stellen klappt. Und von den hyaku yen shops hab ich dir ja auch schon erzählt – kannte man bei uns als Rudi’s Reste Rampe. Vielleicht findest da ja auch mal nen Anzug ^^ – ich hab schon welche gesehen, in denen es Möbel gab.

    1. admin

      Ja, sie haben dort zwar viele Sachen für 100 Yen aber auch Dinge, die mehr kosten.

  2. admin

    Hey Alena!

    vielen Dank für Deinen netten und langen Kommentar! :) Freut mich, dass Dir meine Berichte gefallen. Vielleicht ist es nicht schlecht sowas nicht packen zu wollen. In der dritten Woche war mein Konto bei fast 360 Euro im Minus… und meine Situation alles andere als blendend.

    Auch schön von Tetsu Sensei zu hören. Richte Ihm und allen bitte schöne Grüße aus. Sprachlich muss ich Tetsu Recht geben. Man lernt eine Sprache nicht, nur weil man in dem Land ist, in dem sie gesprochen wird. Ich muss noch mehr tun. Ich hatte aber deutlich schwerwiegendere Sorgen als dies… Aber die Standardfloskeln sind schon mal sehr hilfreich. Wie in meinen Berichten geschrieben, wurde ich bisher von zwei Japanern gehosted.

    Wünsche Dir alles Gute!

    LG

    Simon

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