Die Queues im Fuji Q
Nach all dem Schuften der letzten Monate gönne ich mir nun ein wenig Auszeit. Mit dem Zug geht es geht zum Fuji-Q Vergnügungspark, am Fuße des Fuji Sans. Also praktisch schon zum zweiten mal zum Fuji. Auch wenn die Fahrt dahin, von Tokyos Zentrum, bis zu zwei Stunden dauert, und man fast 90 km zurücklegt, ist sie doch verhältnismäßig billig. Die Anreise kostet weniger als 2.000 Yen (20 €).
Ich werde von Hiro, einer meiner ehemaligen Gastgeber (Woche 2) und Christopher begleitet, nachdem Hiro und ich auf der CS Webseite ein öffentliches Event aus unserem Ausflug gemacht haben. Christopher kommt aus Ohio, U.S.A. und studiert Peace & Conflict Resolution hier in Japan. Wer weiß, vielleicht stehe ich ja gerade vor dem nächsten großen Friedensbotschafter der U.S.A. Naja, U.S.A. und Friedensbotschafter, wenn das mal kein Widerspruch ist ;)
Ich bin froh, dass wir mit dem Zug fahren, denn auf dem Weg dort hin lernen wir eine japanische Frauen- und Mädchenreisegruppe kennen, mit denen wir gleich ins Gespräch kommen. Und somit vergeht die Zeit wie im Zuge. Sagt man doch so, oder?
Der Fuji-Q Park hat seinen eigenen Zugbahnhof direkt vor den Toren des Parks. Das Eintrittspreissystem ist allerdings etwas verwirrend. Man Zahlt entweder 1.300 Yen (13 €) für den Eintritt, muss dann aber noch zusätzlich für jedes Fahrgeschäft zahlen. In der Regel pro Achterbahn zwischen 9.00 Yen (8,70 €) und 1.200 Yen (11,60 €) pro Fahrt. Oder man zahlt 5.000 Yen (48,60 €) für eine (Erwachsenen-)Tageseintrittskarte, sämtliche Fahrgeschäfte ohne zusätzlichen Aufpreis inbegriffen.
„Okay, es ist wohl klar, dass wir die Tageskarte nehmen!“ sage ich. Hiro weiß aber, dass sich das Tagesticket für uns nicht mehr lohnt, da es bereits nach 13:00 Uhr ist und eine Stunde Wartezeit bei den Fahrgeschäften keine Seltenheit ist. Wenn überhaupt, lohnt es sich das nur, wenn man pünktlich um 10:00 Uhr ankommt und eine Attraktion nach der anderen fährt.
Erst als wir uns in die erste Menschenschlange einreihen beginne ich Hiros Worten glauben zu schenken. Wir stehen sage und schreibe zwei Stunden und 30 Minuten für eine Achterbahnfahrt an, die gerade mal zwei Minuten und zehn Sekunden dauert. Gut, es handelt sich um die Eejanaika (ええじゃないか) Achterbahn, eine Weltrekordachterbahn – natürlich mit Eintrag im Guinnessbuch. 14 Inversionen! Doch die Achterbahnfreaks streiten sich um die Anerkennung des Rekords. Denn beim Rekord wurden die Inversionen der rotierenden Sitze mit denen der Achterbahn kombiniert und als Gesamtergebnis gewertet. Die Achterbahn selbst hat jedoch nur drei Inversionen. Rekord hin oder her, es ist zwar eine besondere Achterbahn, die Fahrt war auch spaßig. Dennoch waren die zwei Stunden und 30 Minuten Wartezeit für eine gerade mal zwei Minuten lange Fahrt für mich unverhältnismäßig.
EEJANAIKA onride 4 (rear seat) von purplefinale
Da wir die Zeit effizient nutzen wollen, stellen wir uns gleich nach der Fahrt in die nächste Warteschlange. Mit 130 km/h und 79 m Höhe eine ehemalige Weltrekordachterbahn. Vom Jahr ihrer Fertigstellung 1996 bis 1997 war die Fuji Yama sowohl die höchste, als auch die schnellste Achterbahn der Welt. Aber mit der weltschnellsten Achterbahn, der Formula Rossa in Abu Dhabi mit ihren 240 km/h, kann sie natürlich nicht mithalten. Wenigstens steht man hier „nur“ 45 min für immerhin 3:36 Minuten Fahrzeit an.
FUJIYAMA onride 10 (front seat) von purplefinale
Nach vier Stunden, die wir hier nun verbracht haben, gönnen wir uns eine Stunde Auszeit in einem japanischen Burgerrestaurant. Wahrscheinlich ein Fehler, denn als wir uns danach in die nächste Warteschlange einreihen, beginnt es nach einer Stunde Wartezeit ungefähr gegen 19:00 Uhr zu regnen. Die Achterbahn wird geschlossen. Den Leuten wird als Entschädigung eine Priority Queue Karte in die Hand gedrückt.
„Ah“, sagt Hiro, “somit kommen wir das nächste Mal wenigstens schneller in die Achterbahn.“
„Naja”, widerspreche ich, “Was glaubst Du denn, was an der Priority Queue passieren wird, wenn sich die Hundertschaften, die jetzt alle die Karte bekommen, an den Eingang anstellen werden sobald die Bahn heute wieder öffnet?“
Der Regen wird stärker und es sieht nicht danach aus, als wenn er in den letzten zwei verbleibenden Stunden noch aufhören würde.
„Für wann gilt die Karte denn?“, frage ich Hiro.
Die Karte untersuchend antwortet er: „Nur heute.“
Aha, also uns wird als Entschädigung eine Karte für einen Eingang angeboten, mit dem wir angeblich eine verkürzte Wartezeit haben werden, an den sich innerhalb der nächsten zwei Stunden ungefähr hundert Menschen anstellen können, vorausgesetzt es hört heute überhaupt noch mal zu regnen auf. Hm… Also meine stochastischen Fähigkeiten sagen mir, dass die Wahrscheinlichkeit recht gering ist, von diesem Vorteil zu profitieren. Natürlich kann der Park nichts für diesen Wetterumbruch. Aber wenn es nur noch um gespielte Höflichkeit geht, sollten sie diese sinnlose Papierverschwendung mit wertlosen Karten doch lieber gleich lassen. Die Bäume werden’s ihnen danken.
Wir warten noch 20 Minuten, der Regen wird stärker, bis wir uns schließlich auf den Heimweg machen. Wir hatten zwar einen spaßigen und wirklich schönen Tag, da wir viele Menschen kennen gelernt haben und die Zugfahrt durch die wunderschöne, japanische Landschaft schließlich auch ein Erlebnis ist, aber trocken betrachtet haben wir etwas mehr als 4.000 Yen (39 €) ausgegeben für vier Stunden Zugfahrt die 3300 Yen (33 €) für nicht mal sechs Minuten Achterbahnfahrt gegenüberstehen. Und nun darf jede und jeder selbst entscheinden, ob es ihr oder ihm den weiten Weg zum Fuji-Q Freizeitpark wert ist. Und ja Hiro, danke, dass Du mir davon abgeraten hast, das Tagesticket zu kaufen.
Besonderen Dank an: Hubertus Neidhart vom Deutschen Webspace Provider Network für den exzellenten Service, Lilith Pendzich.
Letzte Kommentare