Das Land, das Verrückte macht
Es gibt Tage, die entspannt beginnen, begleitet von wunderschönem Sonnenschein. Doch der Schein trügt. Ich habe in den letzten Wochen versucht mit dem Formular – von dem mir gesagt wurde, dass es bis bis zur Ausweisausstellung als vollwertiger Ersatz gelte – ein Bankkonto zu eröffnen. Wie erwartet wurde das vollwertige Formular von keiner Bank für voll genommen. Auch habe ich bereits mehrere Male vergebens versucht einen japanischen Handyanschluss zu bekommen. Grund für die ständige Ablehnungen ist, dass ich kein Bankkonto habe, was hier selbst für Prepaidverträge vorausgesetzt wird. Also fahre ich in die Stadt um bei einer ganz bestimmten Bank, die mir empfohlen wurde, ein Konto zu eröffnen.
Wieder mal nach einer langen Suchodysse – ja, es liegt an mir und meiner Unfähigkeit japanische Kanjizeichen zu lesen – finde ich endlich eine Filiale der Bank.
Als ich am Schalter an der Reihe bin und meine Absichten erkläre, anschließend das Kontoeröffnungsformular bekomme, werde ich in gebrochenem Englisch gebeten: “Bitte schreiben Sie noch Ihre Telefonnummer hier hin.” Ich erkläre dem Bankangestellten, dass mir bisher immer gesagt wurde, dass ich ein Bankkonto eröffnen müsse, damit ich eine SIM-Karte kaufen könne. “Das tut mir sehr leid, aber unsere Bank setzt es nun mal voraus, dass Sie eine Telefonnummer in Japan haben um hier ein Konto eröffnen zu können.”, wird mir mit sehr sanfter, japanischer Höflichkeit erklärt. “Ich habe schon mal darauf hingewiesen, dass ich keine SIM-Karte kaufen kann, solange ich beim Handyvertragsabschluss kein Bankkonto nachweisen kann”, erwidere ich.
„Haben Sie denn wenigstens einen Festnetzanschluss?“, werde ich gefragt. Ich frage mich, wie man das ohne japanisches Bankkonto bekommen soll. „Nein, habe ich nicht.“, antworte ich. Ich schreibe die Nr. meiner Gastgeber, auf dessen Adresse mein Visum registriert ist, auf einen Zettel: “Nehmen Sie diese Festnetznummer hier und fragen Sie nach meinem Namen.”. “Wo kommt diese Nummer denn jetzt her? Das ist doch nicht Ihre!”, wundert sich der Bankangestellte. “Doch, dort rufen Sie an, wenn Sie mich überhaupt anrufen müssen, und fragen nach meinem Namen.”
Ich wohne da zwar schon lange nicht mehr, aber frage ich mich wirklich, was diese ganze Bürokratie soll.
“Tut mir leid, das kann ich so nicht akzeptieren,“ sagt mir der Bankangestellte und deutet durchs Fenster auf einen kleines Geschäft am Ende der Straße, „bitte gehen Sie dort hin, dort bekommen sie einen Handyvertrag!” “Nein, ich werde jetzt nicht da runter gehen, weil ich ganz genau weiß, dass ich dort keinen Vertrag bekommen werde solange ich kein japanisches Bankkonto habe!!! Ich werde schön hier bleiben, bis Sie diese Nummer hier in dieses Feld eingetragen haben!”, stelle ich mit einer sehr deutlichen und unmissverständlichen Art klar.
Es scheint, als ob der Bankangestellte diese Art überhaupt nicht gewohnt und jetzt leicht verwirrt ist. Es mag ja sein, dass ich mich momentan nicht integrativ verhalte. Ich bin allerdings auch nicht diese Passierschein-A38-Art gewohnt.
Und ich denke, dass ich mit mehr als drei Wochen Wartezeit integer genug verhalten habe um letztendlich an das Formular gekommen zu sein, das ich hier benötige. Und das sollte einzig und allein die Alien registration Card sein. Leicht verstört entfernt sich der Bankangestellte vom Schalter, berät sich mit einer Mitarbeiterin, kommt zurück und trägt die Nummer ein. Dankeschön! Auf einen Sessel deutend werde ich von ihm gebeten: “Wir müssen nun Ihre Karte kopieren und einige Formulare ausfüllen, wenn Sie bitte dort platz nehmen würden.” Nachdem ich den Herren mit meiner Art scheinbar zutiefst beleidigt habe, wird die Kontoeröffnung nun von einer Dame weitergeführt: “Entschuldigen Sie bitte, unsere Bank braucht auch ihren Namen in Hiragana- oder Kataganazeichen.” Ich kann ihn zwar schreiben, aber nachdem hier in dem Formular eindeutig auf Englisch steht: if known, also, falls bekannt, berufe ich mich einfach auf dieses Angebot. „Nein, sie müssen leider Ihren Namen dort in japanischen Zeichen eintragen“, wird mir gesagt. Ich weiß zwar sehr genau, wie mein Name in Hiragana oder Katagana Zeichen geschrieben wird, doch reizt mich jetzt die Neugierde, was sie machen würden, wenn ich es nicht wüsste. „Tut mir leid, ich habe leider keine Ahnung.“, sage ich. „Dann muss ich Sie bitten, nochmals wieder zu kommen, wenn sie herausgefunden haben, wie man ihren Namen mit japanischen Schriftzeichen schreibt.“, sagt sie.
Ich bin fassungslos. Sie wollen mich jetzt also tatsächlich nach Hause schicken. Und das, vor dem Hintergrund, dass diese Schreibübung etwas ist, das wirklich jede Japanerin und jeder Japaner bewerkstelligen kann, der kein Analphabet, weder geistig behindert noch körperlich eingeschränkt ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Analphabetin in einer Bank arbeitet. Und geistig oder körperlich eingeschränkt wirkt sie auf mich auch nicht. Ist natürlich blöd, dass ich mich blöd gestellt habe, da es jetzt natürlich etwas blöd wäre plötzlich wie ein Blöder schreiben zu können. Also „helfe“ ich, indem ich die die passenden Silben nenne in denen man meinen Namen schreibt. Und tatsächlich, mit vereinten Kräften bewerkstelligen wir diese Aufgabe.
Gegen so einen stressiges Erlebnis hilft ein Barbesuch. Trifft sich gut, denn mein Gastgeber Brandon hat heute noch zwei kanadischen Couchsurfern angeboten, sie eine Woche zu hosten und wir nehmen sie vom Bahnhof erst mal in eine Bar mit.
Für alle, die nun so richtig Lust bekommen haben, auch in Japan work and travel zu machen, hier die besten Jobbörsen:
http://japanese.about.com/od/jobsinjapan/Jobs_in_Japan.htm
http://www.tokyoconnections.com/Teaching_English/Job_Listings/
http://metropolis.co.jp/atomjobs/#/jobs?&global_language=en
Deutlich zu sehen: Alle Englischsprachschulen suchen quasi ausschließlich Muttersprachler. Man muss nicht extrem intelligent sein um zu erkennen, dass so viele Stellen nicht alle von Muttersprachlern besetzt werden können. Ist man kein Muttersprachler: Trotzdem bewerben!
Besonderen Dank an: Hubertus Neidhart vom Deutschen Webspace Provider Network für den guten Service, Joki Zatko, Lilith Pendzich, Ann-Jessica Diehl und all meine Gastgeber.
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